Dr. Jörg Krauter
Die Geschichte des Mentoring
Dieser Blogbeitrag gibt dir einen Überblick darüber, was die Idee hinter Mentoring ist, seine geschichtliche Einordnung, wann es eingesetzt werden kann und was du vom Mentoring erwarten kannst. Du wirst darüber informiert, auf was du bei einem Mentoring achten solltest, damit dieses gelingt. Dazu erfährst du was die wichtigsten Erfolgsfaktoren einer Mentor-Mentee-Beziehung sind.
Heute spielen Mentoren im Business Umfeld eine entscheidende Rolle dabei, Führenden dabei zu helfen, ihre Leistung und Fähigkeiten zu entwickeln und zu verbessern. In dieser Hinsicht kann Business Mentoring den Transfer von Wissen, Know-how, Kompetenzen und Erfahrung unterstützen, den eine Organisation benötigt, um den aktuellen Herausforderungen, z.B. der digitalen Transformation, zu begegnen.
Die Wurzeln des Mentoring – die Geschichte
Der Begriff Mentoring hat seine Wurzeln wahrscheinlich tief in der griechischen Mythologie des zwölften vorchristlichen Jahrhunderts und findet seinen Ursprung in der Göttin der Weisheit, Athena. Der Begriff bezieht sich auf Mentor, den „älteren Mann“, dem Odysseus seinen Sohn Telemachos anvertraute und dessen Aussehen die Göttin Athene annahm, um Odysseus und seinem Sohn Rat und Führung zu geben. Athena wusste, dass der Respekt, den sie für Mentor hatten, es ihr erleichtern würde, ihr Ziel zu erreichen.
Was ist Mentoring? – die Idee
Mentoring ist eine zeitlich andauernde stabile dyadische Beziehung zwischen einer typischerweise erfahrenen Person in der Rolle als Mentor:in und einer weniger erfahrenen Person in der Rolle als Mentee. Die Mentor-Mentee-Beziehung ist durch gegenseitiges Vertrauen und Wohlwollen geprägt, ihr Ziel ist die Förderung des Lernens und der Entwicklung sowie das Vorankommen des/der Mentees.
Mentoring stützt sich dabei auf den Ansatz des Verbesserungsorientierten Lernens: Dies besagt, dass es nicht genügt, möglichst viele Erfahrungen zu machen, es kommt eher darauf an, ob dabei ein Verbesserungsziel verfolgt wird. Im Mentoring wird darauf geachtet, dass der Mentee nicht auf halbem Weg stehen bleibt, es werden Lernschritte geplant, die Fortschritte supervidiert und durch individuelles Feedback bereichert.
Wann wird Mentoring eingesetzt?
Mentoring ist eine Begleitung für die Bewältigung von Aufgaben im beruflichen Alltag. Es bietet Lösungswege und Lösungen für die alltäglichen Probleme und fördert dabei das eigenständige Lernen und somit die Autonomie und Selbstverantwortung des Mentees. Mentoring schafft Klarheit, Ordnung und Transparenz in den eigenen Rollen und Erwartungen. Daneben bietet Mentoring einen Blick über den Tellerrand hinaus – Zukunftsperspektiven.
Mentoring und andere Konzepte der Begleitung – was du erwarten kannst
Es gibt eine Vielzahl von Konzepten, die mit der Begleitung zur Unterstützung der beruflichen Entwicklung einer Person sowie Mentoring in Verbindung gebracht werden können. Je nach Verbesserungsziel, Situation und Kontext können diese Formen der Begleitung auch Bestandteil im Mentoring sein.
Beratung: Vorschläge zu einer Vorgehensweise geben
Empfehlung/Unterstützung: persönliche Unterstützung einer Person durch das Herstellen einer Verbindung zu einflussreichen und wichtigen Netzwerken und deren Nominierung für besondere Funktionen, Rollen und Aufgaben
Coaching: einer Person helfen, eine bestimmte Fähigkeit zu erlernen oder ein bestimmtes Ziel zu erreichen
Counseling: professionelle Begleitung einer Person durch den Einsatz psychologischer Interventionen (Bewältigungsstrategien)
Role modeling: als Vorbild für gewünschte Werte, Verhaltensweisen und Einstellungen dienen
Teaching: ein formaler, strukturierter Prozess, der einem anderen hilft, bestimmte Inhalte innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu erlernen
Tutoring: Bereitstellung eines intensiven Einzelbegleitung zur Vermittlung von Kenntnissen über bestimmte Inhalte oder zur Entwicklung einer bestimmten Kompetenz
Die Kernfunktion des Mentorings lässt sich wie folgt beschreiben:
Kluge (Weise) Beratung und Transfer von Wissen und Erfahrungen, die in einem bestimmten Berufsfeld erworben wurden
Unterstützung eines Einzelnen bei dessen Befähigung (Kompetenzerwerb) und persönlichen Entwicklung
Die Mentor-Mentee-Beziehung – auf was du achten solltest
Eine erfolgreiche Arbeitsbeziehung im Mentoring beruht auf unterschiedlichen Voraussetzungen.
Nach Bordin (1979) gibt es drei wesentliche Erfolgsfaktoren einer Mentor-Mentee-Beziehung: die Aufgabe, das Ziel und die Bindung:
Die Aufgabe bezieht sich auf die Wechselwirkungen (Dialog, Inhalt, Reflexion) in Mentoring. Besonders wichtig ist, dass sowohl Mentee als auch Mentor sich einig sind, dass die im Mentoring zu bearbeitenden Aufgaben und Ziele wirklich relevant sind und dass beide bei der Arbeit an diesen Aufgaben ehrlich gemeinte „Anstrengungen“ (Engagement, Disziplin, Commitment) zeigen. Eine zusätzliche Überlegung für die Aufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass sie entwicklungsgerecht ist und vom Mentee ohne übermäßige Angst/Überforderung ausgeführt werden kann.
Das Ziel für das Mentoring umfasst die Vereinbarung und Bewertung der Ergebnisse, die angestrebt werden. Das Ziel des Mentorings fungiert als motivierendes Element, das das Engagement von Mentee und Mentor für den Veränderungsprozess (Lernprozess) beeinflusst.
Schließlich repräsentiert die Bindung die Beziehung, die sich zwischen Mentor und Mentee entwickelt. Sie zeichnet sich durch Akzeptanz, Vertrauen und Zuversicht aus.
Neuere Konzepte beziehen weitere Erfolgsfaktoren in diese Betrachtung mit ein. So beschreiben Hermer & Röhrle (2008) den positiven Einfluss folgender Faktoren:
Vertrauen
Empathie
Sympathie
ausreichend Zeit
ein lösungsorientierter Ansatz
respektvoller Umgang
Und Grawe (1998) sieht diese Erfolgsfaktoren als wesentlich an:
Ressourcenaktivierung: Gezielte Ansprache und Nutzung der Stärken, Fähigkeiten, Interessen und Chancen der Mentee
Problembearbeitung: Probleme im Mentoring analysieren, bewerten und lösen
Motivierende Klärung: Motivation und Wille des Mentees aktivieren
Förderung: Einblick in problematische Erfahrungen und Reflexion von lösungsorientierten Verhaltensweisen
Problemlösung: Vermittlung von Fähigkeiten zur Problemlösung
Fazit – 12 gute Gründe und mehr, die für Mentoring jetzt und in Zukunft sprechen
Zum Ende hin, soll Frage nach der Bedeutung und der Zukunft von Mentoring gestellt werden.
Hier ausgewählte Umfrageergebnisse von Pushfar, Mentoringplattform aus 2022: (https://www.pushfar.com/article/mentoring-statistics-everything-you-need-to-know/)
Stärken:
9 von 10 Arbeitnehmern mit einem Mentor sagen, dass sie sich in ihrer Karriere glücklicher fühlen
63% der Millennials haben das Gefühl, dass ihre Führungsqualitäten am Arbeitsplatz nicht vollständig entwickelt werden.
97% der Personen mit einem Mentor sind der Meinung, dass sie sehr wirkungsvoll und wertvoll sind.
Mentees werden 5x häufiger befördert als solche ohne Mentor.
50% der jüngeren Fachkräfte sagen, dass ein Mentoring-Programm am Arbeitsplatz sie eher dazu bringen würde, in einem Unternehmen zu bleiben.
86% der Fachleute geben an, dass der Zugang zu Mentoring ein Faktor dafür ist, dass sie in einer Organisation bleiben.
Im Durchschnitt steigern Mentoring-Programme die Repräsentation unterrepräsentierter Gruppen um 9% bis 24%.
Die Beförderungs- und Bindungsquoten für Minderheiten und Frauen stiegen ebenfalls für eine Organisation von 15 % auf 38 % im Vergleich zu ihren nicht betreuten Mitarbeitern.
92% der Kleinunternehmer mit einem Mentor sind sich einig, dass sich dies direkt auf das Wachstum und das Überleben ihres Unternehmens ausgewirkt hat.
79% der Millennials betrachten Mentoring als einen entscheidenden Aspekt für eine erfolgreiche Karriere.
Chancen:
89% der Kleinunternehmer, die keinen Mentor haben, wünschen sich, dass sie einen hätten.
Nur 37% der Fachkräfte haben einen Mentor.
63% der Frauen hatten noch nie einen Mentor.
Ziegler, A. (2009). Mentoring: Konzeptuelle Grundlagen und Wirksamkeitsanalyse. Mentoring: Theoretische Hintergründe, empirische Befunde und praktische Anwendungen, 7-29.
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